Von der pfingstlichen Erleuchtung

Willi

aus Willis wahre Weisheiten

 Waren Sie schon einmal auf einer Pfingstmesse? Ich meine, so einer, wo gebetet wird, dass der Heilige Geist auf einen niederkommt und man göttliche Eingebung bekommt? Sie, das ist echt interessant. Da sitzen die Leute in einem Kirchenkreis zusammen, beten irgendwelche Litaneien und versuchen ihre Anbindung an Gott zu initiieren. Manche warten gar darauf, die Erleuchtung zu finden. Ich hab mal genau aufgepasst und darauf gewartet, bei wem sich die erste Zunge des Heiligen Geistes über dem Kopf zu bilden beginnt. Eigentlich hätte jeder einzelne es verdient, dass sich das Zünglein über seinem Kopf bildet, weil sie alle gar so fleißig an ihrem geistigen Anlasser drehten.

Da fallen mir die alten Pfingstgemälde ein, wo die Menschen in Gruppen zusammen sitzen, mit erleuchteten Gesichtern gen Himmel blicken und sich ihrer Flammenzungen über ihren Köpfen bewusst sind. Je mehr ich das bei mir initiieren möchte, desto unwilliger stelle ich fest, bei mir will es nicht so richtig zünden! Bei mir scheint sich der Heilige Geist zu sträuben einzukehren. Mein nächster Nachbar meinte denn auch, ich solle nicht so zappelig sein und in Gelassenheit meine spirituellen Übungen machen. Ja – wie denn? Schon alleine beim Zusehen aller Beteiligten, wie sie sich meditativ und völlig entspannt ihrer heiligen Sammlung hingeben, kommt mir der Verdacht, hier am falschen Ort zu sein.

Nach vollbrachter Pfingstmesse waren mein Freund Adi und ich uns einig, die Erleuchtungen der anderen Kirchenteilnehmer weiter zu beobachten. Prozessionsartig bewegten sich die Menschen aus der Kirche in eine ganz bestimmte Richtung. Wir dachten, jetzt ginge es zu einem bestimmten Platz der letztendlichen Erleuchtung und folgten andächtig dem Strom der scheinbar Gezündeten. Bereits nach 200 Metern bogen fast alle nach rechts ab und schienen ihr Ziel erreicht zu haben. Ich habe gar nicht gewusst, dass beim Postwirt das große Event der Pfingsterleuchtung stattfinden würde. Adi meinte denn auch, die Wege des Herrn seien unergründlich und das Wirtshaus anscheinend besonders gut geeignet, des Herrn Unergründlichkeit eingehender zu erforschen.

 Da suche ich das Gespräch mit Gott doch lieber in meinem Garten.

Euer Willi

13. Mai 2013 von Christa Jasinski
Kategorien: Satire | 1 Kommentar

1 Kommentar

  1. Super, Willi. Die Beobachtung habe ich auch gemacht.
    Nach der lästigen Pflicht der „Heiligkeit“ folgt die Kür im Bierhumpen stemmen oder im Verbreiten des neuesten Tratsches, je nach Geschlecht der Kirchgänger.

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