Ein Blick in die Ferne
Ich heiße Falk. Ich lebe jetzt im Jahr 2014. Heute ist vieles anders als früher. Am 7. Oktober 1986 bin ich hier auf die Erde gekommen. Ich bin noch hier, aber ich weiß noch nicht wo ich hingehöre. Ich bin ständig auf der Suche nach einem Ort, an dem ich bleiben möchte, einen Ort, an dem es schön ist und ich willkommen bin, den ich so sehr mag, dass ich dort mein restliches Leben verbringen möchte. Es gibt diesen Ort, da bin ich mir sicher. Einen Ort, an dem ich schöpfen und er-schöpfen kann. Einen Ort, an dem ich nicht nur die schnellwachsenden Gemüsepflanzen fürs nächste Jahr plane, sondern auch langfristige Pläne schmieden kann. Ein lebendiges Haus aus Bäumen wächst Jahre bis es fertig ist. Die Obstbäume und Sträucher um mein Grundstück brauchen Jahre um groß zu werden und eine dichte Hecke zu bilden. Ich suche noch Den Grund zu leben, den Ort. Meine Aufgabe ist mir schon lange klar. Ich hüte und behüte meinen Garten, egal wo ich gerade lebe und sich mein Garten befindet, ich habe einen Grund früh aufzustehen, meinen Garten zu beobachten und mich über meine Pflanzen zu freuen.
Heute ist vieles anders als früher. Viele Fehler wurden gemacht, da die Vor-sicht der Menschen fehlte. Es ist Zeit die Fehler klar und deutlich zu benennen und nach guten Lösungen zu suchen. Der Fehler der mir am wichtigsten erscheint, ist das heutige Eigentumsrecht und die Behandlung der Erde als zahlungspflichtige Ware.
- Wie wird die Erde aufgeteilt?
Die Erde wird in gleich große 100 mal 100 Meter Stücke aufgeteilt. Interessierte Familien und Alleinstehende können sich für diese freien Familienlandsitze als Hüter bewerben. Jeder Familie darf höchstens 100 mal 100 Meter gehören. Wer mit seiner Familie bereits 100 mal 100 Meter Erde bewohnt und behütet, darf dieses Land behalten.
Dieses Stück Erde muss nicht mehr mit Geld bezahlt werden und ist auf ewig steuerfrei. Die Menschen werden nicht mehr gezwungen Steuern und andere Abgaben zu bezahlen, denn alle Menschen haben sich von dem Fehler der Zwangsabgaben gelöst.
- Was passiert mit den Menschen/ Familien, die mehr als 1 Hektar Land als ihr Eigentum bezeichnen, und dieses nicht anderen Familien kostenlos freigeben möchten?
Das weiß ich nicht genau. Es gibt viele Wege. Diese Menschen halten an dem Gedanken fest, dass die Erde eine Ware ist und damit gehandelt werden darf. Es ist möglich mit der Erde zu handeln, das sehen wir heute im Jahre 2014. Doch dies kommt nur wenigen zu Gute. Der Großteil der Menschen leiden darunter, da sie kein Geld haben die Erde zu bezahlen. Der Zugang zur Erde wird ihnen von wenigen anderen versperrt.
Wenn der Fehler erkannt wird, kann er gelöst werden. Die Lösung ist das Freigeben der Erde, aufgeteilt in 1 Hektar Familienlandsitze, mit Familien als Hüter der Erde. Dies ist für das Wohl der Menschen, denen bereits so lange der Zugang zur Erde versperrt wurde.
- Wer verteilt die freien und wieder freigegebenen Familienlandsitze an die landlosen Familien und Alleinstehenden?
Ein Gemeinderat verteilt die freien Familienlandsitze an die interessierten Familien und Alleinstehenden.
- Was passiert, wenn eine Familie nicht mehr auf ihrem 1 Hektar Familienlandsitz wohnen möchte?
Wenn andere Familienangehörige auf diesem Familienlandsitz leben möchten, kann er kostenlos und steuerfrei an diese vererbt werden.Falls dies nicht der Fall ist, wird der 1 Hektar wieder freigegeben. Es kann sich eine andere Familie für diesen Familienlandsitz als Hüter bewerben. Da die Erde nicht mehr als Ware behandelt wird und unverkäuflich ist, ist die Übergabe kostenlos und steuerfrei. Es findet keine Geldübergabe mehr statt.
- Warum ist eine Besteuerung des Landes unnötig und unfair?
Jede Besteuerung der Erde und somit der Familien ist eine Fremdsteuerung, die sich andere Menschen ausgedacht haben, um diese Familien zu steuern und zu manipulieren. Es gibt Menschen, die so über andere Menschen Macht ausüben wollen und diese nach Belieben steuern möchten. Doch die Familien sehen sich als Hüter ihres 1 Hektar Familienlandsitzes und möchten die volle Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Sie möchten selbst das Steuer in die Hand nehmen und selbstbestimmt leben.
Falk Lange Hellmich
Dolmenpilgern in Russland
Im Mai war Thea Baum im Vorgebirge des Kaukasus unterwegs, um Dolmen zu erkunden. Mit auf Tour waren der Reiseleiter Yuri und die zwei Neuseeländer Cate & Donald. Die Leser des Garten Weden dürfen in den fünf persönlichen Erzählungen an der Reise Teil haben.
Teil 2 – Der Patriarch
Ein alter Jeep auf fetten Rädern und ohne Dach – so einer, wie man sie auf Bildern von Safari-Touren in Afrika sieht – so einer also, nur russisch und bestimmt älter als ich, brettert mit uns durch das Flusstal und bringt uns verborgenen Schönheiten näher. Heute Morgen waren wir an Wasserfällen, sind durch Felsschluchten gefahren und haben am Flussufer gevespert. Ich komme mir wirklich vor wie ein Safari-Tourist. Anstelle von Tieren gibt es Bäume, Luft und Wasser zu erleben. Ich möchte sie umarmen, sie in mich aufsaugen, darin baden – es ist alles so rein und intensiv hier. Oder empfinde ich es nur so? Sind es nicht eigentlich Bäume wie Zuhause auch? Luft, genau wie überall? Wasser, wie es auch durch den thüringischen Dorfbach plätschert? Nein, das ist nicht dasselbe. Hier im Süden Russlands sind die Dimensionen anders. Der Wald ist wilder, die Berge höher, der Himmel weiter, es gibt mehr Luft, mehr Platz, mehr Schlichtheit, mehr Echtheit. Mehr. Alles ist „mehr“ und intensiver. Zumindest fühlt es sich so an. Und durch dieses „Mehr an Intensität“ bewegen wir uns. Oft zu Fuß, aber oft auch mit dem Auto, so wie jetzt.
Unser Fahrer heißt Mischa. Braungebrannt und muskulös, aus dem Hemd illern Brusthaar und Goldkreuz hervor. Er ist noch keine 50, aber schon Rentner. Bis vor Kurzem hat er als Polizist gearbeitet, doch mit Mitte 40 werden die Polizisten in Russland pensioniert. Also hat er sich einen alten Geländewagen gekauft und chauffiert nun die Touristen. Ab und an fährt Mischa uns auch in seinem normalen Auto zu Sehenswürdigkeiten. Mir wird dann meistens ganz anders, wenn er den Komfort einer ordentlichen Asphaltstraße genießt und aus seinem Wagen herausholt, was an Geschwindigkeit so herauszuholen ist – ungeachtet der Kurven oder etwaiger Hindernisse. Da kann auch die Maria, die in der Frontscheibe baumelt, nicht viel helfen. Selbst Autofahren nehme ich hier intensiver wahr.
Nun tuckern wir aber durch ein ausgetrocknetes Flussbett auf den Waldrand zu. Wir werden kräftig durchgeschüttelt, was mir allemal lieber ist, als in Super Mario-Manier über Serpentinenstraßen zu düsen. Am Ende einer Apfelbaumplantage und am Anfang des Waldes, hält Mischa an, springt aus dem Wagen und deutet uns, ihm zu folgen. Zielstrebig schlendert er in den Wald hinein. Kein Schild, keine Wegmarkierung, nichts. Man muss sich auskennen. Wir schlittern einen erdigen Abhang hinunter, überqueren mehrere glucksende Wasserläufe und stoßen schließlich auf …
nicht auf den Dolmen, wie erwartet. Erst einmal kommt der Souvenirverkäufer. Ein großer, haariger Mann, der mich an einen Bären erinnert, preist uns seine Ware an. Kleine Dolmen aus Gips, bemalt oder in Weiß. Auch noch Postkarten und Schlüsselanhänger. Es ist doch kurios. Wir sind mitten im Wald, keine Straße führt hierher und keine Wanderkarte weiß den Weg. Aber einen Souvenirverkäufer gibt es.
Einigermaßen glimpflich komme ich aus der blöden Werbeaktion heraus – mit einem schiefen Lächeln, das sagen soll „Ist ja nett, aber nein danke.“ und das hoffentlich „Oh nein, bloß nicht so einen Kitsch!“ verschweigt.
Nun aber endlich zum Dolmen! Unser Reiseleiter Yuri hat schon am ersten Tag von ihm geschwärmt. „Der Patriarch“ wird er genannt und man sagt ihm eine besondere Stärke nach. Auch Mischa scheint eine Vorliebe für diesen Gefährten zu haben. Er lässt es sich nicht nehmen, ihn uns persönlich zu zeigen. Noch einmal über ein Bächlein gesprungen und ein paar Schritte ins Innere des Waldes – da thront er majestätisch. Von einer kleinen Anhöhe aus überblickt der Patriarch den Wald zu seinen Füßen. Unser Herannahen kann ihm gar nicht unbemerkt bleiben und seine Größe strahlt bis hier unten hin.
Vom mächtigen Dach ist ein Teil abgebrochen und liegt nun vor dem Eingang. Das erweckt als erstes Mischas Aufmerksamkeit. Er hält seine Hände einige Zentimeter über die Bruchstelle des Steins, lässt sie dort schweben. Wir sollen es ihm nachmachen und spüren, wie elektrische Reize gleich Nadelstichen in die Handflächen pieksen. Diese Steinblöcke, meint Mischa, sind Energie geladen.
Nur zu gerne würde ich etwas spüren. Ich lasse meine Hände eine ganze Weile über dem Stein schweben. Vielleicht ein Stechen? Prickeln? Wenigstens Jucken? Doch alles, was ich spüren kann, sind meine Handflächen, die Luft drum herum und die ganz normalen Gefühle innen drin. Was man halt so spürt, wenn man sich auf ein Körperteil konzentriert. Nichts von außen, keine Energieschübe oder Elektrofunken.
Macht nichts, Mischa hat schon eine neue Aufgabe für uns. Von hinten ist er auf das Dach des Dolmens geklettert und steht nun barfuß mit geschlossenen Augen, die Handflächen nach oben geöffnet. Geschwind tun wir es ihm nach und stehen dann zu viert auf der mächtigen Felsplatte. Kalt ist der Stein. Das Glucksen des Bächleins ist zu hören. Vögel. Aber kein ungewöhnliches Stechen in den Fußsohlen oder sowas. Auch keine Eingebung. Keine Unterhaltung. Mir wird eher etwas schwindelig – Meditieren im Stehen ist echt nicht so meins. Der Satiriker in mir seufzt im Stillen: „Bist halt kein Indigo-Kind.“
Wie waren gleich nochmal Yuris Worte vom ersten Abend? Spirituelle Erfahrungen lassen sich nicht erzwingen und auch nicht herbeiwünschen? Nun gut, kein Grund zur Enttäuschung. Ich schlüpf also in meine Schuhe und schlendre durch den Wald.
Von irgendwoher summt es. Es brummt so laut, als würden… – Ja tatsächlich! Ich kraxle einen Hang hinauf und erspähe zu meiner Rechten bunt angemalte Bienenstöcke. Wie schön, dass hier jemand Bienen hält! Der Honig von so einem Ort ist bestimmt besonders gut. Weiter hinauf klettre ich den steilen Pfad, bis ich auf eine Bergkuppe gelange. Meine Herren, ist die Aussicht schön! Ich kann es gar nicht fassen. Zu allen Seiten sieht man große, grüne Berge. Wald, so viel Wald! Der perfekte Ort fürs nächste Picknick ist schon mal gefunden. Wo bleibt das Essen?
Thea Baum
Lektor’s Garten
Vor Kurzem entdeckte ich einen Garten der meinem Traumgarten entspricht – ich war begeistert über die Schönheit und Harmonie dieses recht naturnahen und doch phantasievoll gestalteten Gartens. Dieser Garten entspricht dem, was ich mir unter einem irdischen Paradies vorstelle. Natürlich wollte ich mehr über diesen Garten und seinen Besitzer erfahren. Zu meiner großen Freude lud er mich in den schönen und lauschigen Pavillon seines Gartens ein und bei einer Tasse Tee sprachen wir über all das, was ihn dazu bewog solch ein Paradies zu gestalten. Als erstes fragte ich ihn, warum sein Garten unter dem Namen „Lektors Garten“ bekannt ist. Er erzählte mir, dass er, nach dem Vatikanischen Konzil der erste Lektor (Vorleser) seiner Gemeinde war. Seit dem heißt er im Dorf schlicht „der Lektor“.
Die Eltern von Josef Müller waren Bauern und sein Bruder übernahm den Hof. Das Land, auf dem sich heute dieser Garten befindet, wurde nicht bearbeitet und bald erkannte er die Möglichkeiten, die dieses Stück Land ihm bot und er begann seinen Traum zu verwirklichen.
Er berichtet:
„Wie jede Leidenschaft, so begann auch meine Gartenleidenschaft in kleinen Schritten. Angeregt, einen Garten zu gestalten, haben mich die japanischen Zen-Gärten. Eine Rahmenbepflanzung inklusive einiger Obstbäume war auf dem Grundstück vorhanden und darauf baute ich auf. 1984 versuchte ich im oberen Teil einen Weinberg anzulegen, aber das Klima hier in Oberwiesenbach ist nicht ideal für Weinstöcke. Heute sind zwar noch immer einige der Weinstöcke vorhanden, der Rest wurde jedoch durch Obstbüsche ersetzt. Die ersten Rabatte wurden mit alten Rosensorten (Bauernrosen) bepflanzt und ein Staudengarten wurde angelegt. Und dann begann der Garten stetig zu wachsen. Bei der Gestaltung des Gartens habe ich mich nach dem vorhandenen Gelände gerichtet. Ich freue mich, wenn im Gartenjahr immer etwas blüht – „durchblühen lassen“, wie Karl Foerster es empfahl. Ich möchte die Saison verlängern und am liebsten wäre es mir tatsächlich, wenn der Garten durchblühen würde und in milden Wintern schaffe ich das schon mal.
Ein Garten lebt und man muss sich als Gärtner dieser lebendigen Dynamik stellen. Mir ist es wichtig, dass sich die Pflanzen wohl fühlen und auch bei mir bleiben wollen. Trotzdem sind Schere und Axt für mich wichtige Gartenwerkzeuge, denn damit kann ich die Dynamik lenken. Diese Dynamik zu lenken, ist in meinen Augen die Hauptaufgabe eines Gärtners. Übernimmt der Gärtner nicht die Führung, dann übernimmt sie der Garten. Durch Schneiden mache ich Strukturen erkennbar. Trotzdem greife ich nicht zu stark ein. Gestaltungsschwerpunkte sind der notwendige Wechsel zwischen formaler und naturhafter Pflanzung. Ich versuche dem Garten möglichst eine feste Form zu geben, welche auch im Winter sichtbar bleibt. Dabei muss ich aber immer wieder die „romantische Verwilderung“ etwas zügeln.
So wie jeder Mensch seine dunklen Seiten hat, hat auch jeder Garten seine dunkle Seite. Im Garten verschwistert sich der Mensch mit der Natur, hier entsteht die engste Verbindung zwischen Mensch und Natur. Pflanzen sind Lebewesen, das vergessen oft viele Menschen. Sie sind genauso auf Zuwendung angewiesen, wie wir Menschen. Damit es klappt und schön wird, müssen wir uns um jede einzelne Pflanze bemühen.
Der Garten soll ein Ort der Freude sein und unser Leben bereichern. Er soll Sinnbild unseres Lebens sein… immer im Fluss und in der Veränderung. Schön soll er sein – aber was ist das genau? Schön kann er auch an einem Herbst- oder Wintertag sein. Stimmung solle er erzeugen – es gelingt aber nicht immer. Manchmal hat auch der Garten, so wie wir, einen schlechten Tag.“
„Heute hat der Garten anscheinend so einen schlechten Tag“, meint er, als wir aufstehen, um durch den Garten zu schlendern. Es hatte viel geregnet und alle Pflanzen lassen ein wenig die Köpfe hängen. Trotzdem hat der Garten auf mich eine fast magische Wirkung. Wie mag es wohl sein, wenn der Garten einen guten Tag hat? Der Gärtner hat seinem Garten viele verschiedene Räume gegeben. An jeder Ecke erlebe ich eine neue Überraschung. Bewachsene Tore locken mich, sie zu durchschreiten, um in einen neuen Raum zu gelangen. Wir gehen in ein Waldstück, das einem Dickicht gleicht. „Das ist mein asiatischer Garten“, sagt er zu mir. Zuerst bin ich erstaunt, weil mir beim Eintritt nur die sehr dichte und urwüchsige Bepflanzung aufgefallen ist. Beim näheren Hinsehen nehme ich jedoch all die asiatischen Gewächse wahr, die einen Teil des Dickichts ausmachen, sowie die Skulpturen und Brunnen, die aus dem japanischen Kulturkreis stammen. Auch ein Teehäuschen taucht plötzlich aus dem Dickicht auf.
Wir steigen auf einem kleinen Pfad einen Hang hinab und gelangen in den unteren Teil des Gartens. Hier ist er naturbelassen. Viel zu verändern hat wenig Sinn, weil es ein recht feuchtes Gebiet ist. Ein Bach durchfließt hier den Garten, der sehr stark anschwellen kann. „Dieses Gebiet wird auch schon mal völlig überschwemmt“, erklärt mir der Lektor, „denn der jetzt unscheinbare Bach kann sehr stark anschwellen, wenn es viel regnet.“ Und natürlich finde ich hier in erster Linie Pflanzen, die sich in einem Feuchtgebiet besonders wohl fühlen. Wir gehen den Bach entlang und kommen zu einer Bank. „Hier erlebe ich meine schönsten Sonnenuntergänge“ höre ich und das kann ich mir sehr gut vorstellen. Das schmale Tal liegt lang gestreckt vor mir und öffnet sich Richtung Westen.
Nun steigen wir an einer anderen Stelle wieder den Hang hinauf und kommen dabei durch einen Bereich, der einer Wildnis gleicht. Hohe Bäume und viele Büsche beherrschen den Hang. Trotzdem merke ich, dass auch diese Wildnis der Zähmung des Gärtners unterliegt. „Dort wohne ich!“ Er zeigt mit den Händen auf ein kleines Häuschen, das verwunschen wie ein Hexenhäuschen, umgeben von Büschen, Bäumen und pflanzenberankt vor mir liegt. Ich bin völlig hingerissen von dem Bild, das für mich den Inbegriff der Romatik darstellt. „Naja, ganz so romantisch ist es nicht“, lacht er. „Denn dadurch, dass so wenig Sonne an das Haus kommt, wird es innen sehr schnell feucht. Da muss ich ständig aufpassen.“ Trotzdem – wenn ich die Möglichkeit hätte, ich würde sofort in solch ein Häuschen einziehen.
Wir gehen weiter und gelangen in den Teil des Gartens, in dem ich die, durch den Gärtner gelenkte, Dynamik sehr stark wahrnehme. Hier gibt es klar gegliederte Bereiche. „Der Gemüsegarten benötigt die größte Zuwendung“, erläutert Josef Müller. „Aber dafür beschenkt er uns auch mit köstlichen und frischen Nahrungsmitteln.“
Wir kommen in einen „Raum“, in dem er einen Teich angelegt hat. Ein besonders schöner Raum mit Seerosen auf dem Teich, der viele Frösche beherbergt. Hier locken mich gleich mehrere Sitzmöglichkeiten und wir lassen uns auf einer Bank nieder. Ich könnte stundenlang hier verweilen und den Libellen zuschauen, die feengleich dieses Areal durchschwirren.
Beim weiteren Gang durch den Garten fällt mir auf, dass einige Wege sehr geradlinig die einzelnen Räume verbinden und wir kommen zu dem Schluss, dass diese Geradlinigkeit ein sehr männlicher Ausdruck des Gartens ist. Sie zeigt ganz klar: Dieser Garten wurde von einem Mann angelegt.
Obwohl es auch erstaunlich viele weibliche Elemente dort gibt. Es fiel mir zum Beispiel auf, dass an verschiedenen Sitzbereichen Blumensträuße auf dem Tisch stehen und es gibt viele Skulpturen. „Manche sind auch recht kitschig“, meint der Gestalter des Gartens. „Aber ich konnte sie einmal alle aus einer Auflösung bekommen.“ Ich finde, sie tun dem Garten gut.
„Ein Garten ist ein feierlicher Ort – ein Ort, um das Leben zu feiern,“ sagte er und dem kann ich mich nur anschließen. „Er ist ein grüner Schutzraum, der zu seelischer Gesundheit führt. Und doch fordert er eine Ausschließlichkeit, denn er bindet den Menschen und erfordert Hingabe. Ein Garten macht Arbeit und Mühe, auch wenn ein Gartenliebhaber es nicht unbedingt als Arbeit empfindet. Früher, als ich noch berufstätig war, ging fast mein ganzer Urlaub für die Gartenarbeit drauf und auch an den Wochenenden war ich fast immer im Garten tätig. Urlaubsfahrten waren eine Ausnahme. Der Garten gibt jedoch viele Dinge zurück. Die meisten Menschen können nicht erfassen, welche Köstlichkeiten der Tages- und Jahreszeiten, der Morgen und Abende im Garten erlebt werden können.
Heute ist der Garten mein Lebensraum und die erweiterte Wohnung. Wenn es eben möglich ist, verbringe ich meine Zeit im Freien und mache viele der Arbeiten einfach so nebenbei. Mit meiner kleinen Imkerei sorge ich dafür, dass immer Bienen im Garten vorhanden sind. Durch das dauernde Blütenangebot über’s Jahr hinweg sind auch andere Insekten wie Hummeln und Schmetterlinge stark vertreten. Die Vielfalt des Gartenraumes ist für eine ganze Reihe von Vögeln Nistplatz oder Trittstein für die Wanderzüge nach und vom Süden.
Der Garten ist ein Lebensweg – ein Weg das Leben zu gehen. Ein Weg, der auch gegangen werden muss, wie bei allen anderen Wegen, die man geht.“
Eine Aussage, der ich mich anschließen möchte und dieser Garten hat mich in meinem Wunsch bestärkt, mir ebenfalls solch ein Kleinod zu erschaffen – egal, wie mühsam es auch sein mag. Das Ergebnis ist: Ein Paradies auf Erden.
Christa Jasinski
Falls jemand Interesse daran hat, den Garten zu besichtigen: Der Lektor ist dazu bereit auch einmal eine Führung zu machen. Seine Telefonnummer darf ich dafür weiter geben.