Die Schwarzzelte der Nomaden

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Vor Kurzem hatte ich den Auftrag über einen Veranstaltung des Webereimuseums in Ziemetshausen zu schreiben. Es ging um sogenannte Schwarzzelte, die viele Nomadenvölker in Nordwestafrika, Arabien, Persien bis in die Hochländer von Tibet hinein seit mehr als 12000 Jahren benutzen. Mich interessierte das Thema, weil ich mich grundsätzlich für die Handweberei interessiere, aber dass es mir sehr viele Möglichkeiten für entstehende Landsitze aufzeigen würde, hätte ich nicht gedacht. Und doch war es so.

Der Poet, Schäfer und Gesellschaftskritiker Stefan Hämmerle stellte bei dem Vortrag die alte Kultur des Schwarzzeltwebens vor und was er dazu erzählte, fesselte mich sogleich. Bis vor etwa 35 Jahren wurden diese Zelte noch vollständig per Hand gewebt. Inzwischen werden die Zeltbahnen jedoch maschinell hergestellt.

Zuerst erzählte Stefan, wie er dazu kam, sich mit den Schwarzzelten zu befassen. Stefan ist schon mehrere Male mit spanischen Schäfern und deren Schafherden durch abgelegene spanische Landschaften gewandert. „Beim Wandern kommen mir meist die besten Ideen“, erklärte er und so durchwanderte er Spanien von Sevilla bis Compostela, was ihn derart beeindruckte, dass er an ein Buch über die Schaftriebe der Transhumanz geschrieben hat. Transhumanz bedeutet „auf die Weide bringen“. Die Herden von Schafen, Ziegen und Rindern werden dabei aus ihren Winterquartieren im Süden Spaniens auf für sie vorgesehenen Wegen in die saftigen Weiden des Nordens geführt. Im Herbst gehen Sie auf den gleichen Wegen wieder zurück. Die Schäfer, die das machen, könnte man als Halbnomaden bezeichnen, denn Sie ziehen nicht ständig weiter, denn sie haben irgendwo einen festen Wohnsitz, in dem die Familie lebt. Auf einer seiner Wanderungen mit diesen Schäfern machte man Stefan auf die Schwarzzelte der türkischen Nomaden aufmerksam, was ihn dazu veranlasste, sich damit zu befassen. Er fuhr in die Türkei und ließ sich zeigen, wie die türkischen Nomaden die Zeltplanen der Schwarzzelte früher völlig per Hand herstellten – ohne jeden Webstuhl.

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Die Älteren können das noch. Für ihn ist es wichtig, dass diese alten Techniken bewahrt werden. Er sagt dazu: „Man darf solche Dinge nicht einfach fort schmeißen, denn was man einmal fort geschmissen hat, lässt sich nicht mehr finden!“

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Was ist überhaupt ein Schwarzzelt? Ein Schwarzzelt besteht aus schwarzer Wolle. Die Fäden dafür werden aus den Grannenhaaren von Wüstenziegen, wie zum Beispiel die Kashmirziege eine ist, gesponnen, die anschließend zu Zeltplanen in einfacher Leinwandbindung gewebt werden. Diese Zelte benutzen Nomadenvölker im arabischen Raum seit Gedenken, um sich vor der Hitze im Sommer und dem Regen im Winter zu schützen.

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Solch ein Zelt hält ein Leben lang. Da die Garne nur grobporig verwoben sind, kann man in den Zelten ohne Probleme auch ein Feuer entzünden – der Rauch zieht durch das Gewebe ungehindert ab. Gleichzeitig imprägniert der Rauch den Stoff und stellt dabei eine gewisse Feuerfestigkeit des Materials her. Trotz der lockeren Webweise sind die Zelte wasserdicht. Diese Wasserdichtigkeit kommt durch das Aufquellen der Fasern bei Feuchtigkeit.

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Der Hauptgrund, warum diese Zelte jedoch bei den Wüstennomaden so begehrt sind, liegt darin, dass diese Zelte sowohl die große Hitze im Sommer abhalten, als auch im Winter wärmen. Die Temperatur in den Zelten liegt im Sommer zwischen 20° und 30°C unterhalb der Temperatur, die draußen herrscht. Man erklärt diese kühlende Wirkung dadurch, dass das schwarze Dachgewebe das Sonnenlicht absorbiert. Dadurch bildet sich eine heiße Schicht oberhalb und unterhalb der Zeltplane. Da heiße Luft stets nach oben steigen möchte, zieht sie kalte Luft nach und der darunter liegende Raum kühlt auf diese Weise ab. Die kühlende Wirkung der Stoffe konnte unter Laborbedingungen inzwischen sogar nachgewiesen werden.

Die Unterkonstruktion der Zelte besteht aus drei einfachen Holzmasten mit entsprechend geschnitzten Firsthölzern und vier bis fünf Zeltbahnen. Diese Konstruktion ist sehr einfach und doch enorm stabil. Selbst bei Wind und Sturm bietet sie flexiblen Schutz und steht auch bei hohen Windstärken sicher. Und obwohl die Zeltplane schwarz ist, scheint tagsüber genügend Licht durch die Poren, so dass man ausreichend Sicht im Zelt hat. Das Schwarzzelt ist somit eine Behausung, die seit Jahrtausenden vielen nomadisierenden Völkern in verschiedenen Klimazonen Schutz bietet.

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Stefan erzählte mir in späteren Gesprächen, dass die Schwarzzelte für unsere klimatischen Bereiche wesentlich besser geeignet seien, als mongolische Jurten. Die Wollfilze der Mongolen sind auf die zwar sehr kalten, aber trockenen mongolischen Steppen ausgerichtet. Unser Klima ist zwar im Winter auch kalt, aber eher feucht. Und einem feuchten Klima widerstehen die Schwarzzelte erheblich besser.

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Ich halte, nachdem, was ich über die Schwarzzelte inzwischen alles recherchiert habe, die Gewebe der Schwarzzelte tatsächlich für effektiver fürs mitteleuropäische Klima, als die Gewebe einer mongolischen Jurte. Die Schwarzzelte kann man in unterschiedlichen Größen bauen. Bei den Nomaden sind die oft so groß, dass darin eine ganze Familie lebt.

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Auf folgenden Seiten findet man praktische Informationen über das Schwarzzelt:

http://www.blackcastle.de/cms/

http://pfadfinder-zeltlager.privat.t-online.de/Altpfadfinder/Wurzl/schwarzzelte.html

Und hier mehr über Stefan:

http://www.torrobuch.de/_autor/autor.htm

Über diese Adresse kann man Schwarzzelte bekommen:

kayahanresul@gmx.de

Christa Jasinski

 

26. Mai 2014 von Christa Jasinski
Kategorien: Rund um den Familienlandsitz | Schreibe einen Kommentar

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