Wir erschaffen unser immerwährendes Familiengut

Am Morgen seiner Abreise von seinem Vortrag über Familienlandsitz-Siedlungen in Russland bei unserem Lesertreffen saß ich mit Stefan Wolf in meiner Küche und es entwickelte sich ein wundervolles Gespräch. Natürlich drehte es sich sehr bald um seine Russlandreise und die Anastasía-Bücher. Stefan erwähnte, dass die deutsche Übersetzung der Bücher im Vergleich zur englischen Fassung relativ unakkurat sei, was für uns den Schluss nahelegte, dass sie auch weniger Emotionen auslösen. Vielleicht, so überlegten wir, wachse in Deutschland die Bewegung unter anderem deshalb relativ langsam im Vergleich zu Russland. Im Englischen, erzählte Stefan, hat sich ein begeisterter Leser, Dr. Leonid Sharashkin, die Arbeit der Übersetzung gemacht. Es gab zum Teil stundenlange Überlegungen mehrerer Menschen, wie ein Begriff am besten übersetzt werden könnte, um alle Bedeutungen des russischen Wortes zu transportieren. Das leistet ein Auftrags-Übersetzer natürlich nicht.

Ich bat Stefan um ein Beispiel. „Familienlandsitz“ ist so ein Fall, sagte er. Auf seiner Reise zu den Siedlungen in Russland habe er sich die Bedeutung des Original-Wortes erklären lassen. Was Wladimir beschreibt, nämlich dass Anastasía die Klänge des Universums zusammentrage, um möglichst viel Emotionen in die Wörter zu legen, ließ mich die Dinge plötzlich in  einem ganz anderen Licht sehen. Die russischen Worte Rodovoje Pomestje bedeuten, akkurater übersetzt, „Heimatort meiner ewigen Familie“. Es sind aber zusammengesetzte Worte, die in sich mehrere Wortstämme mit mehreren Bedeutungen vereinen.

Rodovoje Pomestje (lautmalerisch)

Rod = Gott, Heimat, Familienbegriff

Voje = ewige Familien; wobei Familie alle Vorfahren bis zurück zu Adam und Eva sowie alle Nachfahren bis in die Ewigkeit umfasst. Für diesen Familienbegriff gibt es im Deutschen kein Wort, das uns eingefallen wäre. Sowohl „Stamm“ als auch „Ahnen“ werden der Bedeutungsfülle des Wortes nicht gerecht.

Po = folgen, folgend, im Sinne von Nachfolgen, Nachfolger

mestje = Platz, Ort

Pomestje = die (auf) dem Platz folgen, Nachfolger des Platzes/Ortes

Der Vorschlag von Leonid Sharashkin, von dem Stefan erzählte, nämlich den russischen Begriff einfach unübersetzt zu übernehmen als eigenen Begriff, empfanden wir beide als nicht stimmig, da kein Deutscher damit ohne Übersetzung und Erklärung etwas anfangen kann. Und gerade, da die Begriffe so wichtig sind, weil sie – wie Musik – Emotionen in uns erklingen lassen können, fingen wir an, nach einem besseren Begriff zu suchen, der gleichzeitig kürzer ist als „Heimatort meiner ewigen Familie“ und dennoch mehr Emotionen trägt als das für uns recht distanziert wirkende „Familienlandsitz“ der bisherigen deutschen Fassung.

Ich erzählte Stefan vom ersten Anastasía-Festival auf Burg Ludwigstein, wo mir Irina sagte, dass „Ahnengut“ eine korrektere Übersetzung des Begriffes sei. Da „Ahnen“ in Deutschland bei einigen Menschen negative Assoziationen hervorrufen kann und für unser Verständnis eher in die Vergangenheit reicht und somit nur die Vorfahren, aber nicht die Nachfahren beinhaltet, entschieden wir uns für „Familie“. Auch das spiegelt in unserer Kleinfamilien-Gesellschaft nicht alles wider, ist aber alltagstauglicher. Ebenso erging es uns mit den Worten „Stamm“ und „Sippe“, die bei uns eher Assoziationen mit dem Bild von z.B. Indianerstämmen hervorrief, also über die eigene Familie hinausgehend.

So einigten wir uns auf „Familiengut“. Der Ewigkeits-Begriff war hier noch nicht enthalten und auch nicht der Gedanke des Bewahrens, der im russischen Begriff steckt. „Ewiges Familiengut“ empfanden wir als gut, aber noch nicht ideal. Ich überlegte. Ein anderes Wort für „ewig“ ist „immer“.

Nach kurzem Drehen und Wenden des Begriffs kam die Lösung: „Immerwährendes Familiengut“. Für uns ist das ein Gänsehaut-Begriff. Mein Herz weitete sich und ich spürte eine Welle positiver Gefühle.

Die Worte umfassen: bewahren, wahr, die Familie, das Land (Gut), aber auch das positive „gut“ (~Gott).

Je höher wir schwingen, überlegte Stefan, desto höhere Begriffe nutzen wir. Der Begriff ist noch nicht perfekt, wir sind aber zuversichtlich, dass er vervollkommnet werden kann und wird. Da wir alle daran arbeiten, unsere Gedankengeschwindigkeit (~Schwingung) zu erhöhen, wird das irgendwann automatisch passieren.

In der Zwischenzeit waren mein Mann Tristan und unsere Freunde Laura und Falk aufgewacht. Wir baten sie um ihre Zeit, unseren neuen Begriff anzuhören und vor allem, in sich hinein zu fühlen, was er in ihnen auslöst. Darum bitte ich nun auch Dich. Spüre in Dich hinein für eine Zeit, lasse den Begriff wirken. Und natürlich freue ich mich, wenn wir als Bewegung uns darüber austauschen und weitere, vollkommenere Übersetzungen für noch mehr Wörter finden, um höher schwingende, neue Auflagen der Bücher zu schaffen.

Auch im größeren Kreis entspann sich ein angeregtes und schönes Gespräch über Sprache, Worte und Assoziationen. Statt „Siedlung“ können wir uns „Gemeinde“ gut vorstellen, was etablierter ist und eventuelle Ängste vor „Zersiedelung“ oder „neu zugezogen vs. alt eingesessen“ zerstreut. Mehrere Hektare ergeben dann eine immerwährende Familiengut-Gemeinde.

Julia August 

* * *

 Anmerkung der Redaktion: Der Artikel erschien im GartenWEden 57 / Oktober 2015 und hat eine Reihe von Reaktionen ausgelöst, die im Folgenden auch auf diesem Blog präsentiert werden.

 

11. Januar 2016 von Christa Jasinski
Kategorien: Nachdenkliches, Rund um den Familienlandsitz, Sprache | 2 Kommentare

Kommentare (2)

  1. Liebe Christa,

    beim Lesen des Artikels von Julia August im letzten Absatz zu „immerwährende Familiengut- Gemeinde“ hatte ich zu dem Wort „Gemeinde“ ein Gefühl der Distanz.

    Beim Ersetzen des Wortes – Gemeinde – in „Gemeinschaft“ – also „immerwährende Familiengut- Gemeinschaft“ spürte ich eine Wärme und lächelte.

    Das war eine spontane Empfindung, die ich einfach so mitteilen möchte.

    Liebe Grüße aus dem Schwarzwald

    von Doris

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