Anderswelt

In allem wohnt ein Geist (spirit): in den Bäumen, Blumen, Pflanzen, Steinen, Teichen, Mooren, Bächen und Flüssen, im Meer, im Wind. Besonders fühle ich mich zu Bäumen und zum Wasser hingezogen. Die Winde berühren mein Gesicht und meine Hände. Sie lehren mich, meinen eigenen Geist fliegen zu lassen. Einige Bäume erzählen mir von der Vergangenheit, von der Zeit, als sie jung waren, von der Erde, in der sie wachsen und mit der sie verwurzelt sind. Wenn ich mich an sie lehne, kann ich ausruhen und fühle Erleichterung und Frieden. Sie geben mir Stärke und sie lehren mich.

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Nach Tagen des Regens hat die Erde genug getrunken und ihren Körper gekühlt. Sie und ihre Kinder verströmen Fruchtbarkeit, Süße, Liebe und Leben. Die Blätter aller Pflanzen sind mit farbenvollen, glitzernden Diamanten geschmückt. Das Wasser ruft mich, zieht mich zu sich, immer näher und kühlt meine Seele. Süße und Liebe hüllen mich ein, meine Sinne werden offener, und fühlen nun so viel. Meine Ohren und mein Geist hören die süßen Stimmen des singenden Wassers und der Vögel. Barfuß wandere ich durch Pfützen, Rinnsale, Sumpf, und Regentropfen berühren meine Hände und mein Gesicht. Dann liege ich auf dem Boden, am Wasser und zwischen den Pflanzen, im Gras und unter den Bäumen.

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Die Sonne zieht das Wasser von schimmernden Blättern und Lachen, und die Erde und Bäume trinken es und das Licht, und wir tun es ihnen gleich. Kleine grüne Elfen strecken ihre Flügel hinauf zur Helligkeit. Ich fühle mich emporgehoben, hinauf zum Sonnenlicht, zu den endlosen Dimensionen und Universen, durch Zeit und Geist. Wasser ruft Wasser. Die Lachen und Sümpfe sind gut gefüllt und glitzern. Träume erheben sich mit den Nebeln und heben unsere Seelen zu den wolkengefüllten Himmeln empor. Und der Weg zu den Sternen ist klar und weit – der Weg nach Hause.

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Alles Sein offenbart ein Wunder, eine Schönheit, die uns verzaubert, sprachlos und manchmal atemlos macht. Manchmal sind die Worte, die ich zu Papier bringe, sehr armselig, um all dies zu beschreiben. Es berührt alle Sinne und die Seele. Alles ist in Licht und Wasser getaucht. Mein Geist trinkt alles, was ich sehe, fühle, höre, berühre, rieche. Kein hartes Wort, kein dunkler Gedanke, keine Schattentat verletzt die Kathedralen aus Farben und Licht oder den Gesang des Lebens. Ich brauche kein Essen, keinen Schlaf in diesen unermesslichen Augenblicken, denn mein Herz und meine Seele werden genährt von der Herrlichkeit. Die Zeit steht still, während wir durch die Andere Welt wandern. Silberne Netze liegen über den Weiden, funkelnd in tausend Farben im Morgenlicht. Es gibt keine höhere Schönheit als diese. Das Sonnenlicht füllt unsere Augen, in denen zuvor noch das Sternenleuchten der Nacht lag.

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Ich habe das Atmen des Meeres gehört und dem Gesang der Winde und Sterne gelauscht. Ich habe das Sternenlicht in den Augen meines Geliebten, meines Seelenfreundes gesehen. Ich habe die Düfte der Frühlingsblumen und die Liebe des jungen Jahres gespürt. Ich war Zeugin der Geburt neuer Universen. Ich wurde von Musik und Liebe berührt. Ich bin im Licht gewandert und habe die Schatten besiegt. Ich habe das goldene Sonnenlicht gesehen und den silbernen Glanz der Mondin. Ich liebe und werde geliebt. Ich habe gelernt, die Stimmen der Bäume zu verstehen, und ich habe mit ihnen im Wind getanzt. Ich habe alles in mir und um mich. Mehr brauche ich nicht nicht.

 

Martina Bedregal Calderón

01. August 2013 von Christa Jasinski
Kategorien: Gedichte, Lieder und Lyrik | Schreibe einen Kommentar

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